Mit dem Ziel, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Diesem überschaubaren Vorhaben, einer Tagesschule «light», hat die Stimmbevölkerung klar zugestimmt.
Verschiedenste Anspruchsgruppen haben nun aber ihre Wünsche definiert und eingebracht, und aus der Tagesschule «light» wurde eine Tagesschule «vollfett» – natürlich auch mit voll fetten Kostenfolgen. Das ist so weit gegangen, dass inzwischen reichlich unklar ist, ob die Tagesschule wirklich noch den Familien dienen soll, oder nicht vielmehr den an der Tagesschule Beschäftigten. Die Rufe nach Gleichheit, nach pädagogischen Konzepten, nach Verschmelzung von Betreuung und Unterricht, nach besseren Arbeitsbedingungen und demzufolge natürlich nach mehr «Ressourcen» haben die ursprüngliche Idee von Vereinbarkeit von Familie und Beruf völlig in den Hintergrund rücken lassen. Das Anliegen war auch in der Kommission kein Thema mehr.
Im Gegenteil, mit dem von der Stadt vorgeschlagenen Konzept wird ganz klar ein Familienmodell bevorzugt, da die Freiwilligkeit durch verschiedene Massnahmen zwar auf dem Papier noch vorhanden ist, faktisch aber stark eingeschränkt ist. Familien etwa, welche sich die Kinderbetreuung hälftig oder auch anders aufteilen, ihre Kinder also über Mittag teilweise selber betreuen möchten, werden finanziell bestraft. Das dürfte mit dem im Evaluationsbericht aus dem Nichts aufgetauchten Ziel von 90 bzw. 75 Prozent Tageschülerinnen und Tagesschülern zusammenhängen. In unseren Augen braucht es hier kein quantitatives Ziel und auch kein «Nudging». Die Tagesschule ist ein attraktives Angebot, und die Familien sind mündig genug, sich je nach Konstellation dafür oder dagegen zu entscheiden. Familien, welche die Tagesschule nutzen, sind nicht «besser», als Familien, die sich anders organisieren. Statt alle Familienkonstellationen gleichermassen zu unterstützen, versteift man sich
auf ein ideologisches Ziel. Die Ungleichbehandlung lässt sich insbesondere bei den folgenden Punkten festmachen:
- Tarife
Zwischen den Tarifen der gebundenen und ungebundenen Mittage besteht eine – zu – grosse Bandbreite. Während ein Mittag im Tagesschulpaket 9 oder 6 Franken pro Kind kosten soll, bezahlen Familien für einzelne Mittage im ungebundenen System bis zu 33 Franken pro Kind. Dieser riesige Unterschied lässt sich nicht mit der seitens der Schulen geringeren Planbarkeit erklären. Besonders dann nicht, wenn wir uns heute für ein Modell entscheiden, bei dem man die Kinder im Tagesschulmodell an einem oder zwei Tagen abmelden kann. Wieso sollte man für drei Mittagessen 99 Franken bezahlen, für vier dagegen nur 24 oder 36 Franken – oder, wenn es nach der SP geht, gar nichts? Für viele Familien mit mehreren Kindern ist der Horttarif für das Mittagessen nicht finanzierbar. Sie werden sich aus finanziellen Gründen für die Tagesschule und damit für ein bestimmtes Betreuungsmodell entscheiden.
Nachdem wir bereits bei der Verabschiedung der Verordnung über die Tarife der ausserschulischen Betreuung ein Postulat zur Senkung der Tarife der ungebundenen Mittage eingereicht haben, das der Gemeinderat mit grosser Mehrheit überwiesen hat, setzen wir uns hier bei der Tagesschul-Verordnung insbesondere für faire, flexible und nachvollziehbare Tarife ein und unterstützen den Antrag, für die ungebundenen Mittage einen Tarif von 4.50 bis 18 Franken einzuführen. Somit werden auch einzeln gebuchte Mittage bezahlbarer. Zudem verlangen wir mehr Flexibilität in Form von Abmeldemöglichkeiten – auch beim gebundenen System.
Den Antrag der SP für eine unentgeltliche Mittagsverpflegung erachten wir als vollkommen unangebracht. Nebst der Tatsache, dass dabei einmal mehr Familien, welche ihre Kinder ganz oder teilweise zuhause betreuen möchten, benachteiligt würden, bringt dies das ohnehin schon völlig überladene Fass zum Überlaufen, mit weiteren jährlichen Mehrkosten von nochmals über 50 Millionen Franken. Zusätzlich zu den grob geschätzt 150 Millionen Franken jährlich — je nach dem, welche Anträge heute Abend eine Mehrheit finden werden — die uns das «Rundum-Sorglos-Paket» bescheren wird. Total sind das mehr als 10 Prozent des Steuerertrags aller natürlichen Personen in der Stadt Zürich – nur für Betreuung und Verpflegung in der Tagesschule.
- Anmeldung statt Abmeldung
Wer für sein Kind nicht das gebundene vollfette Tagesschulpaket beansprucht, muss sich gemäss vorliegender Weisung abmelden. Von einer gebührenpflichtigen Leistung, notabene. Und zwar lange im Voraus. Dies kommt einer «Abofalle» gleich, wie wir sie von Magazinen oder schummrigen Handy-Abos kennen, die man dann kaum mehr kündigen kann. Das von der Stadt gewählte Vorgehen dürfte privatrechtlich niemals zulässig sein. Mit einem digitalen Ansatz über «Mein Konto» könnte man problemlos auf Anmeldung statt Abmeldung schwenken. Die FDP fordert, dass man sich in Zukunft zum Tagesschulpaket anmelden statt abmelden muss.
- Mittagspause
Die in der Weisung vorgesehene, verkürzte Mittagspause stösst nicht überall auf Begeisterung. Schulen mit knapper Infrastruktur reichen 80 Minuten manchmal nicht, um alle Kinder im Schichtsystem über Mittag zu verköstigen. Auch für zuhause betreute Kinder ist die Mittagspause — je nach Schulweg — knapp bemessen. Aus diesem Grund plädiert die FDP dafür, für die Mittagspause auch 90 Minuten zuzulassen, wie das die Weisung vorsieht. Zudem stellen wir den Antrag, Hausaufgabenstunden nicht nur im Anschluss an den Unterricht, sondern auch im Anschluss an die Mittagspause zuzulassen. So könnte die knappe Mittagspause bei Schichtbetrieb verlängert werden und Kinder, welche ohnehin zuhause betreut werden und die Hausaufgaben zuhause erledigen, würden so von einer längeren Mittagspause profitieren.
Der allseits bekannte Ruf der Ratslinken nach mehr Ressourcen als Allerweltsheilmittel hat aus dem Tagesschulprojekt ein kompliziertes, überladenes Konstrukt mit unrealistischen Zielen hervorgebracht, welches die Schulen – wenn überhaupt – nur mit viel Energie und Aufwand umsetzen können. Die Idee, Betreuung und Unterricht miteinander zu verschmelzen, ist gut gemeint, aber im Alltag im erwarteten Ausmass kaum befriedigend umsetzbar. Zumal die Vorgaben des Volksschulgesetzes ja doch eingehalten werden müssen, womit Kinder, die nicht an der Tagesschule teilnehmen, nicht benachteiligt werden dürfen und der Lehrplan innerhalb der vorgegebenen Stunden gelehrt werden muss.
Lehrpersonen können nicht mit noch mehr Absprachen belastet werden, und Kinder sollen nicht immer noch mehr Bezugspersonen im Klassenzimmer haben. Weil unser mit einem Postulat geforderte Ansatz, Betreuungspersonen unkompliziert und unbürokratisch als Klassenassistenzen im Unterricht einzusetzen, nicht umsetzbar war, versucht man nun auf anderen Wegen, die Betreuung in die Schulzimmer zu bringen. Geeignete Gefässe werden aus dem Boden gestampft, um sich darüber auszutauschen, wie die Betreuung im Unterricht eingesetzt werden kann. Und natürlich: mehr Personal gefordert. Auf der emotionalen Ebene werden Szenarien gezeichnet, bei welchen die Kinder nur noch «Abfertigungssuppe» erhalten würden und sich ihr «Pflästerli» bei einem «Bobo» selber suchen müssten. In Anbetracht des Fakts, dass die Betreuungsquote der Stadt Zürich wesentlich besser ist als die vom Kanton vorgegebene und der Tatsache, dass 40% der in der Betreuung aufgewendeten Arbeitszeit für Administration und Vor- und Nachbereitung verwendet wird und nicht für die Arbeit mit Kindern, kann nicht von unhaltbaren Zuständen im Betreuungsbereich gesprochen werden.
Die FDP ist dafür, dass Synergien zwischen Schule und Betreuung genutzt werden sollten (Klassenassistenzen), aber auch klare Grenzen bestehen bleiben müssen. Gemäss Gesetz handelt es sich beim Unterricht und der Betreuung um zwei komplett unterschiedliche Aufträge mit unterschiedlich ausgebildetem Personal: Seitens Schule um einen kantonalen Bildungsauftrag, seitens Betreuung um einen kommunalen Betreuungsauftrag. Die FDP plädiert dafür, dass sich beide Bereiche auf ihren Auftrag, für welchen das entsprechende Personal ausgebildet ist, besinnen sollen, um für Kinder das bestmögliche Umfeld schaffen zu können.