Sehnsucht nach der Prawda? Städtische Medienmitteilung im besten Fall Satire

Bezirkspartei Stadt Zürich

Am letzten Freitag liess das Tiefbau- und Entsorgungsdepartement eine Medienmitteilung versenden mit dem Titel «Platz in Parkhäusern – Artikel des Tages-Anzeigers bestätigt die Stadt».

Die FDP fragt sich noch heute: Was will der Stadtrat uns Politikerinnen und Politikern, den Leserinnen und Lesern des Tagesanzeigers, ja dem Tagesanzeiger zum Artikel vom 22. November wirklich sagen?

Am letzten Freitag liess das Tiefbau- und Entsorgungsdepartement eine Medienmitteilung versenden mit dem Titel «Platz in Parkhäusern – Artikel des Tages-Anzeigers bestätigt die Stadt».

Die FDP fragt sich noch heute: Was will der Stadtrat uns Politikerinnen und Politikern, den Leserinnen und Lesern des Tagesanzeigers, ja dem Tagesanzeiger zum Artikel vom 22. November wirklich sagen?

  • Will er Einfluss nehmen auf die ohnehin schon wohlwollende Berichterstattung des „Tages-Anzeiger“?
  • Will er die anderen Medien einschüchtern: Passt auf, was ihr schreibt, wir kommentieren künftig alle Artikel, die kritisch über uns berichten?
  • Oder will der Stadtrat sich künftig selbst als Medienkritiker betätigen und der Bevölkerung mitteilen, „Glaubt nicht alles, was in den Medien steht, sondern nur die Interpretationen dazu aus unseren Amtsstuben?

Die genannte Medienmitteilung ist inhaltlich und formal dermassen abstrus, dass es schwer fällt, sie anders zu lesen als eine Satire: Einerseits wird der Tages-Anzeiger über alle Massen gelobt, andererseits fühlen sich Mitglieder des Stadtrats und der Verwaltung offenbar in einem informellen Gespräch mit einem Journalisten falsch verstanden und machen daraus eine Affäre.

Wo die Satire aber leider aufhört und für uns der politische Ernst beginnt: In den stadträtlichen Verlautbarungen wird sowohl der geltende Historische Parkplatzkompromiss, als auch die vom Stadtrat vorgelegte Aufkündigung völlig falsch dargestellt.

Behauptet wird in der Medienmitteilung: „Stimmt der Gemeinderat zu, sollen oberirdische Parkplätze bis 10 Prozent unter dem Stand von 1990 ohne Bau eines neuen Parkhauses aufgehoben werden können.“

Auf Seite 22 des Entwurfs des Kommunalen Richtplans Verkehr wird unter der irreführenden Überschrift „Historischer Parkplatzkompromiss“ beantragt: In der City (Stadtkreis 1) und den citynahen Gebieten können oberirdische Parkplätze aufgehoben werden, wobei die Gesamtzahl der öffentlich zugänglichen Parkplätze in diesem Gebiet den Stand von 1990 um maximal 10 Prozent unterschreiten darf. Die damit freigestellten Verkehrsflächen sind in Fussgänger-, Velo-, Grün- oder Aufenthaltsbereiche sowie zur Aufwertung des Stadtraums umzugestalten. Besteht ein Bedarf, darüber hinaus weitere oberirdische Parkplätze aufzuheben, sind sie durch Parkplätze in Parkhäusern oder unterirdischen Parkierungsanlagen zu ersetzen. Blaue-Zone-Parkplätze sind von dieser Regelung ausgenommen (Verweis auf Absatz «Kompensation Blaue-Zone»). Der Stadtrat regelt die Zählweise und veröffentlicht alle zwei Jahre eine Bilanz.“

Es sind also nicht nur 10% der oberirdischen Parkplätze, sondern der Gesamtzahl, die abgebaut werden könnten. Zudem ist „öffentlich zugänglich“, nicht dasselbe wie „besucher- und kundenorientiert“, wie es in der geltenden Richtplanung heisst.

Hier zur Erinnerung deshalb auch noch der Wortlaut des real existierenden Historischen Parkplatzkompromisses: «Auf städtebaulich empfindlichen Plätzen und Strassen können die bestehenden oberirdischen allgemein zugänglichen Parkplätze aufgehoben und durch Parkhäuser oder unterirdische Parkierungsanlagen ersetzt werden. Die damit freigestellten Verkehrsflächen sind in Fussgänger-, Velo- und Grünbereiche umzugestalten bzw. in ein städtebauliches Konzept zu integrieren. In der City (Stadtkreis 1) und den citynahen Gebieten soll die Anzahl besucher- und kundenorientierten Parkplätze auf dem Stand von 1990 bleiben».

Die FDP fordert den Stadtrat nachdrücklich auf, Fake-news-Medienmitteilungen aus den Departementen abzustellen und dem Gemeinderat und der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken in Bezug auf die mit der kommunalen Richtplanung verfolgten Absichten. Angesichts der faktenbefreiten Darstellung zum Historischen Parkplatzkompromiss müssen wir uns ernsthaft fragen, ob der Stadtrat die geltende Rechtslage und die von ihm präsentierte Kündigungsabsicht überhaupt verstanden hat. Um zum Schluss noch einmal die – in diesem Fall legendäre – sowjetische Medienlandschaft zu bemühen: Mit der Antwort von Radio Erewan – „Im Prinzip ja, aber…“ – wird sich die FDP in der weiteren Diskussion nicht begnügen.